Liebe Teilnehmer unserer ersten Fachtagung, liebe Partner und Freunde, dieses Format einer Praxisreihe ist unser Beitrag, um den Mittelstand auf dem Weg in die digitale Zukunft zu unterstützen. Unmittelbarer Dialog der Teilnehmer, Know-how-Transfer, Ideenaustausch und Anregungen für die praktische Umsetzung stehen im Mittelpunkt unserer Fachtagung. Dabei fokussieren wir uns jeweils auf wichtige Aspekte der Digitalisierung.

Wohin treibt uns die Digitalisierung, sind wir die Getriebenen, einfach nur Anwender von Plattformen aus dem Silicon Valley oder sind wir in einer aktiven Rolle als Treiber? Wahrscheinlich haben wir das Thema B2C-Plattformen an das Valley verloren, aber Chancen gibt es definitiv im Bereich B2B.

Was ist eigentlich Digitalisierung? Wie begreifen wir es? Ist es notwendig obwohl es bei uns doch gut läuft?

Machen wir das mit Nullen und Einsen was wir gestern mit Händen und Füßen oder mit Maschinen oder in verschiedener Weise analog gemacht haben? Sehen wir Digitalisierung als eine technische Herausforderung? Zur Optimierung von Prozessen? Als notwendiges Übel, als Marketing-Maßnahme, weil es von uns erwartet wird bzw. weil es eben modern ist?

Wir tun gut daran, Digitalisierung als eine gesamtgesellschaftliche Transformation mit vielen Eigenschaften einer Revolution zu begreifen.

Sie erfasst uns alle, alle gesellschaftlichen Bereiche und unsere Umwelt und wie wir damit umgehen. Wie wir künftig Politik machen (müssen), wie wir künftig Kriege führen (sorry) oder uns dagegen schützen, wie wir mit Geld umgehen, wie und was wir lernen müssen, wie wir Wissenschaft und Forschung betreiben usw. usw.

Glauben Sie, dass wir in 10 Jahren noch so leben werden wie heute … ?

Ist Europa das letzte kleine gallische Dorf, das dank DSGVO/GDPR, Mifid2 und allen diesen schönen Regulativen eine sichere Heimat des Geldtransfers bleibt? Während die „sinologisierte“ Welt um uns herum Smart Contracts macht und Maschinen-Algorithmen sehr genau wissen, wer wie viel Geld auf seinem SmartPhone-Account hat bzw. wer einen Kredit in welcher Höhe bekommt?

Nur wenn man die Dimensionen der zu erwartenden Veränderungen betrachtet, kann man vorn dabei sein, und leider hat man bei der Politik – die eigentlich die Rahmenbedingungen setzen muss – derzeit nicht das Gefühl, dass diese umfassende Sicht vorhanden ist und sie schnell genug handelt. In China entsteht das größte 5G-Netz – DIE Voraussetzung für die Mobilität der Zukunft und für weitere Kernthemen, auch für Industrie 4.0. 5G in China ist schon relativ größer als in den USA, während wir dabei sind, uns über die Versteigerung der Lizenzen Gedanken zu machen.

Der generelle Eindruck: Während wir noch Strategien und Konzepte auf vertrauliche Powerpoints oder in White-Papers schreiben, entwickelt sich die Welt weiter und das immer schneller – auch nicht mehr so gut vorhersehbar wie noch vor 20, 30 Jahren. Das erzeugt auch Unsicherheit (siehe auch Ranga Yogeshwar, Nächste Ausfahrt Zukunft). Wir müssen uns schneller bewegen, lange Zeit für Konzepte haben wir nicht.

Auch in der Wirtschaft sind die Denkweisen längst nicht in der notwendigen Tiefe angekommen. Unser Geschäft läuft doch sehr gut, unser Know-how nimmt uns kein digitales Unternehmen weg, und so lange wie ich hier bin …

Wir sitzen in einer Komfortzone. Das macht radikale Veränderung schwer – aber sie passiert – Wirecard stupst die Commerzbank aus dem Dax. Das sind deutliche Zeichen, insbesondere wenn man hinter die Fundamentalzahlen und deren prozentuale Entwicklung schaut (siehe Analyse im hy Podcast von Christoph Keese). Wie stolz waren früher die Deutschbänker und wie haben wir aufgesehen zu ihnen. Heute wäre mir als maincubes eine Wirecard als Kunde in unseren Rechenzentren tausendmal mehr Wert als eine CoBa. Weil wir mit einer Wirecard und anderen FinTechs einen Marktplatz der digitalen Zukunft aufbauen können.

Horizontale Vernetzungen spielen eine wichtige Rolle. Vertikale, „fest vernagelte“ Wertschöpfungsketten – wie wir sie in der ingenieursgetriebenen deutschen Industrie kennen – sind nicht geeignet, flexibel und schnell auf Kundenbedürfnisse zu reagieren und „lebendige“ updatefähige Produkte in ggf. sehr kleinen Stückzahlen auf den Markt zu bringen.

Wir müssen Digitalisierung als Geschäftsmodell begreifen, und zwar eins mit hohem Disruptionspotenzial – wir werden auch in Zukunft noch von Christoph Keese dazu hören. Oliver Gassmann, St. Gallen schreibt sinngemäß: der Wettbewerb findet künftig nicht zwischen Produkten (bzw. Services) und Prozessen statt, sondern zwischen Geschäftsmodellen. Wer Tesla nur als Elektroauto sieht, sieht einen wesentlichen Aspekt nicht – Tesla ist eine Plattform zur kontinuierlichen Verbesserung der Nutzererfahrung, aber auch zur Monetarisierung von Services und Daten, auch zum Nutzen ganz anderer künftiger Services wie z.B. Parkraumbewirtschaftung in einer SmartCity etc.

Uber will das Amazon der Mobilität werden – was beutetet diese Aussage, was steckt in der Umsetzung dahinter? Wie kann man daraus für das eigene Geschäft lernen?

Auch wir als maincubes haben inzwischen begriffen, dass unser Geschäftsmodell Colocation allein nicht die Zukunft ist. Man kann in unser sicheres, komfortables und schönes Haus als Kunde einziehen und die Tür hinter sich zu machen. Ja, das läuft. Man kann aber auch zu den Nachbarn gehen und sich vorstellen und sich einmal zusammensetzen und sich kennenlernen. Vielleicht braucht man mal abends plötzlich eine Zitrone oder Mehl, dann kann man beim Nachbarn klingeln. Und der passt am nächsten Wochenende auf die Katze auf. Innovations-, Start-Up-Zentren, Co-Working-Spaces entstehen und sind der Hort für Innovationen, weil diese Nähe eine höhere Qualität der Kommunikation untereinander ermöglicht und daraus neue Ansätze entstehen, auch in der direkten Zusammenarbeit zwischen den Mietern des Hauses. Das ist auch unsere Absicht in unseren Rechenzentren Marktplätze , also Eco-Systeme schaffen, die auf einfache und natürlich sichere Weise die Verbindungen der Teilnehmer untereinander ermöglichen.

Schauen Sie auf das Thema SmartCity. Alles ist und muss und wird vernetzt sein. Nur wenn ich die Ströme von Menschen, Waren, Fahrzeugen, Energien, Daten usw. verstehe und smart „handhaben“ kann, wird eine lebenswerte und resiliente Stadt der Zukunft entstehen können: eMobilität, eLogistic, eGovernment, eHealth und alle diese eDinge … Vielleicht ist die Vision eines Metropolis 4.0 bedrohlich, vielleicht gibt es eine geteilte Gesellschaft wie im Film von Fritz Lang, die Nutznießer der digitalisierten Welt und die aus welchen Gründen auch immer – Abgehängten auf der anderen Seite. Vielleicht gelingt es aber auch der Politik gute Rahmenbedingungen zu setzen, die diese Unterschiede sehr stark reduzieren oder gar vermeiden. Und es bleibt auch bei Fritz Lang am Ende die positive Erkenntnis: Zwischen Hirn und Hand ist der entscheidende Mittler das Herz.

Wir werden zwar erleben, dass das Hirn durch (chinesisch getriebene) Maschinen-Algorithmen ersetzt wird und Hand und Füße durch zugehörige Roboter – aber es bleibt uns als Mensch das Herz (und das ist nicht als Pumpe für Blut gemeint). Also, es bleibt Hoffnung.

Wir glauben jedenfalls, dass diese komplexe Welt, die künftig „voll“ digitalisierte Welt nur mit deutlich mehr kooperativen Geschäftsmodellen zum Vorteil aller gestaltet werden kann. Marktplätze auf der Basis einfach zu benutzender, integrativer und sicherer Plattformen sind entscheidend. Das wollen wir als maincubes mitgestalten – wir haben das Konzept der secureexchange als Basis für sichere Marktplätze entwickelt und werden das jetzt mit unseren Kunden und Partnern und das zum Nutzen aller Beteiligten schrittweise umsetzen.

Und daher haben wir auch unsere Veranstaltung so genannt – secureexchange Fachtagung – wir wollen diesen Austausch fördern. Und Security spielt eine herausragende Rolle, auch wenn es schwer fällt für Security Geld auszugeben. Security muss immer im Kontext mit allen anderen Themen gesehen werden. Unsere Barcamps hatten dieses Mal die Schwerpunkte SecureMobilität, SmartCity, DigitalFactory und SecurePayment. Denken Sie in den vorher erwähnten komplexen Zusammenhängen, Geschäftsmodellen, möglichen Disruptionen … und tauschen Sie weiterhin Ihre diesbezüglichen Ideen und Erfahrungen aus. Dann wird diese Veranstaltung zum Erfolg. Unsere Partner, die hier mit interessanten Anregungen an ihren Ständen auftraten: Bundesdruckerei, Siemens MindSphere, Riddle & Code, T-Systems IoT, uniscon, Virtual Fort Knox AG.

Dafür wünsche ich Ihnen viel Spaß und viele interessante Ergebnisse mit Ihren neuen Kontakten und horizontalen Vernetzungen.

Dr. Jens J. Gerber, Member of the Board

Headquarter Frankfurt/Germany

Location Schiphol-Rijk/The Netherlands